Stein des Anstosses: Die Wirecard-Aktie
Der Newcomer im DAX sorgt immer wieder für sehr kräftige, zum Teil emotionsgeladene Diskussionen unter den Aktienanlegern, Fondsmanagern und Analysten.
In der vergangenen Woche wurde nun endlich das Sondergutachten der Wirtschaftsprüfer von KPMG veröffentlicht. Es sollte Klarheit bringen, ob die Vorwürfe der unsauberen Bilanzierungspraktiken, die insbesondere die Financial Times seit einiger Zeit äußert, entkräftet werden können.
Aber wieder entzündet sich ein Streit in der Deutung des 74 Seiten umfassenden Dokuments: das Unternehmen selbst sieht sich entlastet, die Presse titelt u.a. mit ‚Dokument des Grauens‘ – was ist richtig, wie sehen es die Experten der von uns betreuten Fondsboutiquen?
Auf unsere Bitte hin haben wir einige sehr deutliche Antworten erhalten…
Wichtiger Hinweis: Bei den in dieser aktuellen Umfrage getätigten Äußerungen handelt es sich nicht um Kauf- oder Verkaufempfehlungen oder Finanzanalysen. Die Meinungen der befragten Fondsmanager und -berater eignen sich nicht zur direkten Übernahme in eigene Anlagestrategien. Basis von Kauf- und Verkaufentscheidungen sollten immer die gesetzlich vorgeschriebenen Verkaufsunterlagen wie Verkaufsprospekte und Jahresberichte sowie eine ausführliche individuelle Beratung sein.
FOCAM AG
Andreas Schmidt
FOCAM AG
Management-Probleme – aber operativ OK und günstige Bewertung
Der WP-Bericht von KPMG deckt u.a. die Missstände bei Wirecard im Bereich Controlling auf. Um es vorwegzunehmen: Für einen Controller sind die Zustände bei dem Unternehmen eine Katastrophe! Hier scheint sehr vieles im Argen zu liegen. Es gab keine Vorstandsprotokolle, Abrechnungen zugunsten Wirecard wurden nur stichprobenartig überprüft.
Mein Eindruck: Wirecard wurde nach Treu und Glauben geführt. Verantwortlich hierfür: Ganz allein der Vorstand („Der Fisch, der stinkt am Kopf zuerst“).
Zu den Vorwürfen der Financial Times:
Drei von vier konnten widerlegt werden oder ein Nachweis, dass Wirecard hier nicht gesetzeskonform gehandelt hat, konnte nicht erbracht werden. Bleibt im Raum der schwerwiegendste: fiktive Umsätze in Höhe von € 1 Mrd. in den Jahren 2016 – 2018. Hier dauern die Untersuchungen noch an.
Was spricht gegen Wirecard:
- DAX-Unternehmen ohne entsprechendes Controlling
- ein teilweise unfähiges Management
- der Vorstand hat den Ernst der Lage nicht erkannt
- mögliche Luftbuchungen in Höhe von € 1 Mrd.
Was spricht für Wirecard:
- 3 von 4 Vorwürfen der FT sind haltlos und haben keinerlei Auswirkung auf Bilanz und G+V
- die Chance, dass auch der letzte Vorwurf ausgeräumt werden kann, erscheint hoch, da ein kriminelles Verhalten nicht erkennbar ist
- es scheint so, als hätte Wirecard organisatorisch aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt
Was erwarte ich von Wirecard?
- dringend die Hausaufgaben im Controlling zu erledigen
- deutlich mehr Transparenz gegenüber den Investoren
- personelle Konsequenzen (die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden)
- ein hoffentlich geläuterter CEO Braun, der vom hohen Ross steigt
Was mache ich als Aktionär?
- nutze die aktuellen Kurse zum Zukauf, da es operativ bestens bei Wirecard läuft und die Bewertung derzeit günstig ist
Fonds: Entrepreneur AS Select– DE000A2PE1A8 (R) / DE000A2PF0U7 (I)
Gesellschaft: FOCAM AG
FPM Frankfurt Performance Management AG
Thomas F. Seppi
Vorstand
FPM Frankfurt Performance Management AG
Aktuell viele Geschäftsmodelle mit guten Aussichten und deutlich besserer Reputation
Wir hatten Wirecard-Bestände in unseren Fonds. Am Dienstag, den 28. April, haben wir vormittags, noch vor der Xetra-Eröffnung, einen großen Teil davon über das Frankfurter Parkett verkauft. Der Rest folgte dann im Tagesverlauf. Die Entscheidung, uns von Wirecard-Aktien zu trennen, fiel nicht aufgrund einer fundamentalen Neubewertung des Unternehmens. Zum Geschäftsmodell und den Ertragsaussichten lagen keine fundamental neuen Fakten vor, die auf eine Veränderung gegenüber unserer bisherigen Einschätzung hindeuteten. Die Präsentation des KPMG-Berichts am Dienstag, über die, vom Aufsichtsrat beauftragte, unabhängige Sonderuntersuchung bei Wirecard, gab für uns den Ausschlag, die Position aus dem Portfolio zu nehmen. Mein Vorstandskollege Raik Hoffmann hatte bereits zu Börsenbeginn in kürzester Zeit eine erste Analyse zu diesem Bericht erarbeitet.
Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Unternehmen. Das Geschäftsmodell zeigte in den vergangenen Jahren hohes Wachstum, war aber lange Zeit aus unserer Sicht so hoch bewertet, dass sich ein Einstieg für uns als Value-Investoren nicht lohnte. Anfang 2019 ergab sich bei Kursen von etwas über 100 Euro schließlich die Gelegenheit. Die Financial Times hatte in einem viel beachteten Artikel Zweifel an der Bilanzführung Wirecards geäußert. Der Aktienkurs fiel, wir griffen zu. Das zahlte sich aus. Das Unternehmen konterte die Vorwürfe und verklagte die Financial Times schließlich sogar wegen Manipulationsverdacht. Die Aufsichtsbehörde BaFin sprang Wirecard zur Seite und verhängte zeitweise ein viel diskutiertes Leerverkaufsverbot für die Aktien. Seit Februar stehen sich die FT und Wirecard vor Gericht gegenüber. Zwar begleitet der Finanzdienstleister die Entwicklung mit sehr offensiver Kommunikation, doch den Verdacht der Bilanzfälschung hat Wirecard nie ganz abschütteln können. Das sollte nun ein vom Aufsichtsrat beauftragter Sonderprüfungsbericht leisten, der von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG durchgeführt und am Dienstagmorgen (28.4.2020) veröffentlicht wurde [Link zum Bericht]. Jedem Investor oder potenziellen Investor empfehlen wir nicht nur die Adhoc-Nachricht, sondern auch den Bericht durchzulesen.
Als wir den Bericht und die ihn begleitende Stellungnahme durch Wirecard gelesen hatten, haben wir uns unsere Gedanken gemacht. Denn der Inhalt des KPMG-Gutachtens und dessen Darstellung durch Wirecard sind – um es vorsichtig zu formulieren – nicht ganz kompatibel miteinander. Während der KPMG-Bericht unter anderem andeutet, dass Wirecard zur Beurteilung der zu prüfenden Sachverhalte erforderliche Unterlagen, Erklärungen oder Gesprächspartner trotz mehrfachen Nachfragens bis zum Ende der Prüfung nicht oder nicht vollständig zur Verfügung gestellt hat, spricht Wirecard in der Adhoc-Meldung davon, dass „belastende Belege für die öffentlich erhobenen Vorwürfe nicht gefunden“ wurden. Die Aussage von Wirecard ist insofern richtig, dass, wenn keine Belege vorhanden sind, diese auch nicht abschließend geprüft werden können. Immerhin schreibt Wirecard, dass gewisse „Dokumentations- und Organisationsschwächen im Untersuchungszeitraum“ von Wirecard bereits identifiziert worden seien und diese würden alsbald behoben. Von KPMG wurden jedoch auch „nicht erbrachte“ grundsätzliche Pflichten beanstandet, die zum Beispiel im Geldwäschegesetz oder in den Mindestanforderungen an Compliance geregelt sind. Gerade Finanzdienstleister (wie wir selber auch einer sind) müssen seit Jahren aus regulatorischen Gründen vollständige Dokumentationen erbringen. Mit dem Prüfungsergebnis musste Wirecard rechnen. Die Beauftragung einer Sonderuntersuchung mit diesem Ergebnis erinnert mich eine Situation: Abgabe einer Haarprobe durch Christoph Daum im Oktober 2000.
Wer FPM kennt, weiß, dass aktives Research bei uns eine wichtige Rolle spielt. Dazu gehört insbesondere die Kommunikation mit den Unternehmen. Redlichkeit und Vertrauen sind für uns hier die Basis. Der KPMG-Bericht sollte die Transparenz und die Glaubwürdigkeit erhöhen. Er hat jedoch vor allem aufgezeigt, dass man Zweifel an der inneren Ordnung des Unternehmens haben muss. Wenn das Vertrauen in die Kommunikation und damit auch in die Unternehmenslenker, die diese Kommunikation verantworten, Risse bekommt, bedeutet dies für unsere Vorgehensweise, dass uns als Investor ein wichtiger Baustein zur Beurteilung des Unternehmens fehlt.
Wir beobachten die weitere Entwicklung nun aufmerksam vom Spielfeldrand aus. Wirecard ist ein Finanzdienstleister und wird von der BaFin beaufsichtigt. Dort wird man vermutlich jetzt auch mehr wissen wollen – zum Beispiel, wie der Wirtschaftsprüfer EY die administrative Ordnung in den vergangenen Jahren für die obere Etage des Unternehmens tatsächlich beurteilt hat. Einen tieferen Einblick könnte die BaFin am Ende durch eigene KWG Prüfungen erlangen. Die Qualität in der Aufsicht, insbesondere in der Marktaufsicht, ist gestiegen. Somit gehe ich davon aus, dass auch die sehr ungewöhnliche Kursbewegung vom Montag, dem Tag vor der Veröffentlichung, untersucht werden wird. Wirecard-Aktien verloren an diesem Tag innerhalb von zehn Minuten über elf Prozent an Wert und erholten sich in der folgenden halben Stunde von diesem Kurssturz fast vollständig.
Fazit: Für uns ist es derzeit unerheblich, ob für das Unternehmen eine tolle Investitions-Chance oder das Gegenteil besteht. Solange der Vorstand und der Aufsichtsrat nicht mit mehr Transparenz für mehr Glaubwürdigkeit sorgen, bewegt sich das Unternehmen außerhalb unseres bewerteten Zieluniversums. Es ist nicht auszuschließen, dass Wirecard sehr schnell Maßnahmen zur besseren Kommunikation und Verbesserung der Reputation ergreifen wird. Bis dahin gibt es jedoch für uns als aktive Investoren ausreichend viele andere Geschäftsmodelle mit guten Aussichten, auf die wir uns konzentrieren. Denn gerade in der „Corona“-Zeit sind nicht nur Managementqualitäten gefragt. Eine ausreichende Reputation bei Kunden, Mitarbeitern, Aufsichtsbehörden und Investoren ist aus unserer Sicht mindestens ebenso wichtig.
Fonds: FPM Funds Stockpicker Germany All Cap – ISIN LU0124167924 / LU0850380873
Fonds: FPM Funds Stockpicker Germany Small/Mid-Cap – ISIN LU LU0207947044 / LU1011670111
Gesellschaft: FPM Frankfurt Performance Management AG
ICM InvestmentBank AG
Dr. Norbert Hagen
Sprecher des Vorstands
ICM Investmentbank AG
Wachstum und Skandale – nur etwas für starke Nerven
Seit 2008 wird die Wirecard regelmäßig von Skandalen erschüttert. Mit gezielten Meldungen bezüglich Ungereimtheiten in der Bilanz wurden immer wieder große Kursausschläge ausgelöst – 2008 durch Mitglieder der Institution „Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre“, die später zu Haftstrafen verurteilt wurden. 2016 war es die „Financial Times“ in Verbindung mit einigen dubiosen Hedgefonds, die massive Verkäufe auslösten. Und 2019 war es wieder der gleiche Journalist der „Financial Times“, mit den identischen Anschuldigungen wie schon drei Jahre zuvor.
Ursächlich für diese Angriffe ist das Geschäftsmodell, das große Interpretationsspielräume lässt. So können die sehr komplexen globalen Zahlungsabwicklungen auch als Geldwäsche, Glücksspiel oder Betrug missverstanden werden. Alle Anschuldigungen wurden untersucht, teilweise durch unabhängige Wirtschaftsprüfer, und erwiesen sich schließlich als unrichtig. Trotzdem blieb immer der fade Beigeschmack fehlender Transparenz. So ist es auch in dem aktuellen Fall der KPMG-Sonderprüfung. Letztendlich konnte auch die KPMG keine Verstöße feststellen, reihte sich aber in die Transparenzkritik ein, weil geforderte Unterlagen nicht zur Verfügung gestellt worden waren.
Im Vorfeld der Veröffentlichung des Prüfungsberichts, in dem eher Positives durchsickerte, konnte sich die Wirecard-Aktie stark erholen, was auch durch die wirtschaftliche Entwicklung unterlegt wurde. Mit Bekanntgabe des Berichtes stürzte die Aktie von 140 € auf derzeit 85 € ab. Wir fragen uns warum, was wurde erwartet? Die KPMG hat keine Bilanz-Verstöße festgestellt und uns nur das bestätigt, was seit Jahren bekannt ist, die Intransparenz. Wie immer verspricht Wirecard, die sich selbst als Opfer sehen, mehr Klarheit in die Zahlungsströme zu bringen. Wir sind gespannt auf das nächste Kapitel dieser Finanzstory.
Betrachten wir nur die geschäftliche Entwicklung, so sind diese Kursausschläge nicht nachvollziehbar. Von einem S-DAX-Wert entwickelte sich die Wirecard bis in den DAX und hat im Börsenwert bereits die Deutsche Bank überholt. Auch die Perspektiven versprechen weiteres Wachstum. Wir sehen den aktuellen Kursrutsch als klare Kaufgelegenheit. Die Prüfungen, die nachhaltige Geschäftsführung und der Zukunftsmarkt „bargeldloses Zahlen“ geben uns das nötige Vertrauen, das Engagement zu verstärken.
Aufgrund der großen Bewegungen ist dieser Einzelwert nur etwas für starke Nerven, wird aber auf lange Sicht Freude erzeugen.
Fonds: Leonardo UI – ISIN DE000A0MYG12
Gesellschaft: ICM InvestmentBank AG
Pyfore GmbH
Baki Irmak
Geschäftsführer
Pyfore GmbH
Wirecard ist eine Dauerwette auf die Glaubwürdigkeit des Managements
Die Wirecard Aktie bleibt auch dieses Jahr ihrem Image als Skandalnudel des DAX treu. Dem Unternehmen wurden Bilanzmanipulation, illegale Überwachung von unliebsamen Journalisten und Investoren und allerlei andere Dinge vorgeworfen. Nun sollte Anfang des Jahres die KPMG als Sonderprüfer alle Zweifel an der Richtigkeit der Jahresabschlüsse ausräumen. Die Erwartungen waren allerdings ohnehin zu hoch. Maximal konnte ein Prüfer wie die KPMG einen kleinen Ausschnitt der Vorwürfe adressieren. Gegen vorsätzliche Täuschungen, falls diese überhaupt vorliegen sollten, sind externe Prüfer machtlos. Doch selbst meine niedrigen Erwartungen hat der KPMG-Sonderbericht enttäuscht. Der 74-seitige Report liest sich teils wie eine Klageschrift. Unterlagen wurden nicht, verspätet oder in mangelnder Qualität geliefert, Interviews kurzfristig abgesagt, Geschäftspartner wie Third Party Acquirer verweigerten die Zusammenarbeit mit den Prüfern. Noch gravierender ist aber die Einschätzung von KPMG, dass Gelder auf zwei Treuhandkonten als Cash in den Bilanzen ausgewiesen wurden, obwohl sie nicht jederzeit ohne Strafe verfügbar wären. Auch die intransparenten Kriterien für die Auswahl der Treuhänder, der abrupte Abzug des Treuhänders 1 kurz vor der Prüfung und die Wahl seines Nachfolgers durch eben diesen wirken absurd. Bis zu 40 Personen hat KPMG für die forensische Arbeit eingesetzt. Das vorliegende Zwischenergebnis wirft allerdings mehr Fragen auf als es beantwortet.
Vor Gericht mag zwar in den meisten Ländern die Unschuldsvermutung gelten, an der Börse gilt aber meist die Schuldvermutung, und das ist auch gut so.
Die Gesellschaft war Jahre lang einfach zu intransparent. Man weiß auch heute nicht, wieviel Umsatz eigentlich aus Acquiring, aus Issuing oder aus Payment Processing kommt, wie stark die Kundenbindung (net retention) ist, ob Wirecard z.B. die Kunden auch binden und hohe Margen halten kann, wenn die bargeldlosen Umsätze bei den Kunden deutlich steigen. Bei von außen messbaren Dingen wie z.B. der Payment App Boon fallen die Zahlen auch deutlich bescheidener aus als die Jubelmeldungen des Managements vermuten lassen. Nach Zahlen von Sensor Tower kommt die App in einem Jahr nicht einmal auf 180.000 Downloads. N26 schafft das locker in einem Monat. Zudem schießen lokale Payment-Anbieter aus dem Boden, und die Internetgiganten wachsen täglich stärker in die Verwertungsketten der Paymentindustrie.
In Anbetracht der Zweifel, der fehlenden Transparenz und der desolaten Kommunikation hat Wirecard einen deutlichen Abschlag gegenüber den Wettbewerbern verdient. Ich erinnere mich an einen Sonderbericht von E&Y zur Deutschen Bank im Zuge des Libor-Skandals. Der las sich harmloser als der aktuelle Sonderbericht zu Wirecard. Damals musste aber ein Großteil des Vorstands und der Ebene drunter das Haus verlassen.
(Mein Wirecard-Artikel vom September 2018.)
Fonds: The Digital Leaders Fund – ISIN DE000A2H7N24
Gesellschaft: Pyfore GmbH
Selection Asset Management GmbH
Jörg Scholl
Geschäftsführer
Selection Asset Management GmbH
Begeisterndes Geschäftsmodell – aber dennoch verkauft
Bargeldloser Zahlungsverkehr – das Geschäftsmodell der Wirecard – ist ein sehr wachstums- und margenstarkes Geschäftsmodell. Mit wenigen Ausnahmen tummeln sich in diesem nicht nur technologisch sondern auch politisch strategisch hochinteressanten Geschäftsfeld fast nur amerikanische Technologiefirmen.
Sowohl die Kultur als auch die Wachstumsraten von Wirecard entsprechend vielleicht auch deshalb in keinster Weise den klassischen deutschen Vorsichts- und Wertvorstellungen, sondern eher denen einer Start-Up Firma aus dem Silicon Valley.
Mehrfach unterlag Wirecard in der Vergangenheit Angriffen von Short-Sellern aus dem angelsächsischen Raum. Zuletzt ist hier ein Research Report der Firma Zaterra zu nennen, der zu extremer Volatilität im Aktienkurs führte, obwohl diese Firma erst wenige Tage vor Veröffentlichung der entsprechenden Studie in den Grand Cayman Islands gegründet worden war.
Das Wirecard Geschäftsmodell ist vielschichtig und nur sehr schwer zu verstehen. Auch in der aktuellen Situation gab es wieder einen ganzen Reigen von Vorwürfen gegen die Gesellschaft, von denen durchaus einige widerlegt wurden. Ein wesentlicher Punkt bleibt allerdings ungeklärt. Warum sind ca. 45- 50% der Umsätze über Vermittler (TPAs) hauptsächlich in Dubai abgewickelt worden und warum sind diese nicht nachweisbar. Die Abwicklung über Dubai ist relativ leicht zu erklären. Auch andere weltweit tätige Konzerne – wie Apple, Google und Amazon wickeln zu einem sehr hohen Umfang in „steuerlich interessanten“ Kleinststaaten wie Luxemburg oder Malta ab. Ein weiterer Vorwurf wiegt aus meiner Sicht allerdings deutlich schwerer und kann nicht nur mit Corona begründet werden. Warum veranlasst Wirecard eine solche KPMG-Sonderprüfung und ist dann nicht in der Lage, diese ordentlich abzuarbeiten. Es wurden Fristen versäumt und die Investor Relations Kommunikation war äußerst unprofessionell, umso mehr als man doch wissen müsste, dass die gesamte angelsächsische Finanzpresse – aus welchen Gründen auch immer – gebannt auf jede Meldung des Unternehmens blickte.
Selection Asset Management war und ist vom Geschäftsfeld und Business Modell der Firma begeistert. Nicht zu entschuldigen ist allerdings die offensichtliche, bestenfalls als totale Stümperhaftigkeit in der Kommunikation und Buchhaltung zu bezeichnende Vorgehensweise des Managements. Dies entspricht in keiner Weise den Publizitäts- und Corporate Governance Regeln, die ein DAX-Wert einhalten muss.
Nach unserem Motto „Don’t Loose“ haben wir daher sehr schnell nach Veröffentlichung des Sonderberichtes unsere Position in Wirecard gänzlich verkauft. Allerdings ist auch klar: selbst wenn alle Umsätze aus dem TPA Bereich „erfunden“ wurden, gibt es im deutschen und europäischen Eigengeschäft Wachstumsraten von 20-25% sowie Margen von gut 25%, was Wirecard auf dem aktuellen Niveau als klar unterbewertet erscheinen lässt.
Fonds: Selection Rendite Plus – DE000A2H7NQ9 (R) / DE0002605037 (I)
Gesellschaft: Selection Asset Management GmbH
Value Partnership GmbH
Dr. Carl Otto Schill
Geschäftsführer
Value Partnership Management GmbH
Derzeit kein Unternehmen für den Kapitalmarkt!
Der Markt für Zahlungsdienstleistungen boomt. In Rekordzeit konnte die erst 1999 gegründete Wirecard AG in den DAX aufsteigen. Aber immer wieder sorgte die Gesellschaft für negative Schlagzeilen. Nach dem missglückten Befreiungsschlag durch das KPMG Gutachten kann man leider feststellen: Wirecard ist kein Unternehmen für den DAX und in diesem Zustand auch kein Unternehmen für den Kapitalmarkt!
Es fehlen geordnete Strukturen, die Corporate Governance lässt zu wünschen übrig und die Kommunikation mit den Aktionären ist ein Desaster. Und ein Ende des Dramas ist nicht abzusehen: Die Bilanzveröffentlichung wurde verschoben und es ist fraglich, ob die Wirtschaftsprüfer von Ernst & Young ein uneingeschränktes Testat geben werden.
Für uns im Value Partnership Fonds eindeutige Gründe, um nicht investiert zu sein. Das ist sehr schade, da ausländische Wettbewerber wie Ayden für ein Vielfaches an der Börse notiert werden. Aber wie war der Werbeslogan einer großen deutschen Bank, die auch schon mal bessere Zeiten gesehen hat: „Vertrauen ist der Anfang von allen“.
Fonds: Value Partnership – ISIN DE000A14UV29 (I) / DE000A14UV37 (P)
Gesellschaft: Value Partnership Management GmbH